Sichtbeton und Deckensegel

Andōs erster Bürobau in Deutschland, die Zentrale der weisenburger Unternehmensgruppe am Ostrand der Karlsruher Innenstadt, ist sehr minimalistisch, sehr elegant – aber alles schallharte Oberflächen.

Tadao Andō und Akustikpaneele? Das klingt wie ein Widerspruch. Und wenn man an Kulturbauten wie die Langen Foundation auf der Insel Hombroich oder das Skulpturenmuseum in Bad Münster am Stein denkt, braucht es die auch gar nicht. Die meditative Atmosphäre und klösterliche Strenge, die diesen Gebäuden eigen ist – selbst dem Vitra Kongresszentrum in Weil – lässt Besucher:innen fast unwillkürlich ihre Stimme senken.
Aber in Bürogebäuden? Wo neben konzentrierter Arbeit Kommunikation unabdingbar ist, Ideen und Innovation fördert? Die weisenburger-Unternehmenszentrale in Karlsruhe von Tadao Andō weckt Erwartungen. Wollte doch der Bauherr – selbst Bauträger und Projektentwickler – Arbeitsplätze schaffen, „die funktional und modern zugleich sind und den Anforderungen der Zukunft entsprechen“. Wollte darüber hinaus ein avanciertes Energiekonzept verwirklichen, das auf externe Wärmequellen komplett verzichtet. Und wollte natürlich auch all jene Gebäudeeigenschaften, für die der heute 80 Jahre alte Architekt berühmt und vielfach ausgezeichnet worden ist.

Andō, der eine ganze Weile gezögert hatte, diesen Auftrag anzunehmen, brachte in der Videobotschaft, die er zum ersten Spatenstich im Oktober 2017 übermitteln ließ, seine anspruchsvolle Aufgabe auf den Punkt: Er wolle ein wichtiges Gebäude für Karlsruhe entwerfen, aber auch angenehme Räume schaffen, in denen „sich die Menschen treffen und sich mit anderen austauschen können“. Ein Bau der Kraft, der Imagination des Entwurfs, die diejenigen inspirieren soll, die darin arbeiten. Und der Pritzkerpreisträger tat wie ihm geheißen.

Zwischen den Arbeitsplätzen an den Fenstern und der Mittelzone befindet sich manchmal eine Glaswand, die wenigsten Zwischenwände sind geschlossen.

Zurückhaltende Ausstattung

Das unregelmäßige, bis zu acht Geschossen hohe Karree um einen sparsam bepflanzten Innenhof, besteht aus vier unterschiedlich hohen Gebäudeflügeln mit jeweils unterschiedlichen Fassaden. Im Inneren, vor allem in den repräsentativen Bereichen, wie der Eingangshalle oder dem erwähnten Innenhof, findet man die typische Andō-Ästhetik: Sichtbeton im Tatami-Format mit ebener, homogener und seidig wirkender Oberfläche, das gleichmäßige Raster der Ankerlöcher, ein beeindruckendes Licht- und Schattenspiel, klare Linien, bündige Flächen und viel, viel Glas.

In den Regelgeschossen aber wandelt sich das Bild: Dort herrscht eine – doch überraschende – räumliche Vielfalt. Weil weisenburger vorher in Rastatt in einem Bürobau mit Einzelbüros residierte, und die Unternehmensleitung in Karlsruhe Open Spaces plante, ging sie schon früh auf die Mitarbeiter:innen zu. Den Grundriss und die Möblierung konnten die Abteilungen ihren individuellen Bedürfnissen anpassen.
Die Mittelzone ist mit intimen Besprechungsinseln ausgestattet, mit Sitznischen und Telefonkabinen, mit gläsernen „Think Tanks“ und Stehtischchen, mit Kopierbereichen hinter schulterhohen Raumteilern, in die Garderoben integriert sind.
Im Südflügel verlaufen in der Mittelzone auch Treppen in die nächsthöhere oder niedrigere Etage. Verschiedene Weiß- und Grautöne sind mit Holz die dominierenden Farben, wobei alles Mobiliar, alle Ausstattung nach Absicht der Geschäftsführung gegenüber der Architektur zurückhaltend bleiben soll. 

Die Ecophon-Segel hängen im rechten Winkel zu den Glasfassaden und verlaufen in der Regel entlang der Stöße der Betondecke.

Die akustische Zonierung minimiert die Schallausbreitung in der offenen Bürolandschaft.

Schall und Architektur

Frühzeitig wurden auch Bedenken seitens der Mitarbeiter:innen wegen einer möglichen Lärmbelastung wahrgenommen – gerade wegen der schallharten Oberflächen. Besagte Raumteiler beispielsweise sind entsprechend gepolstert und wie die Trennwände zwischen Mitarbeiter:innen mit Stoff bespannt. Auch ein grauschwarzer Nadelfilz als Bodenbelag sorgt für ein wenig Schallreduzierung. Weil aber eine Betonkernaktivierung in den Decken der Grundtemperierung dient, konnten diese nicht zur Reduktion von Schallpegel und Nachhallzeit herangezogen werden. (Eine individuelle Temperaturregelung erfolgt durch Bodenkanal konvektoren sowie 10 cm breite Lüftungsflügel in den Fenstern). Die Hauptlast der Schallabsorption übernehmen deshalb die rechteckigen Deckensegel der Firma Ecophon.

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Dass die gestaffelten Akustiksegel durch die Fassade gut zu sehen sind, könnte beinahe als Signal für das gesamte Gebäude gelten: Dass sich Schallreduzierung und Andō wunderbar ergänzen.

Bei der Bemusterung – auch Andōs Projektleiter Masataka Yano war vor Ort – überzeugten die Segel durch Farbe und Format, ihre leichte Montage und ihre sehr hohe Absorption. Rund 750 von diesen Deckensegeln, jeweils 200 × 60 × 4 cm groß, mit akustisch wirksamer Vorder- und Rückseite, wurden über den Arbeitsplätzen angebracht und sorgen für ausgezeichnete Schallabsorption und Schallpegelminderung. Die Ausführungsqualität ist bis ins Detail im gesamten Bürogebäude außerordentlich hoch. Dass die gestaffelten Akustiksegel durch die Fassade gut zu sehen sind, könnte beinahe als Signal für das gesamte Gebäude gelten: Dass sich Schallreduzierung und Andō wunderbar ergänzen.

Hier geht es zum Download des Advertorials inklusive Interview mit dem Akustikexperten Volker von Baczko zum Thema "Funktion und Ästhetik
können eine Einheit bilden. Von Beton und Akustik, Hörwahrnehmung, Schallabsorption und Gestaltung."

 

Fotos: HGEsch Photography für Ecophon
Text: Enrico Santifaller