Siemens Campus wird Stadt

Als einer der größten Standorte von Siemens weltweit soll der neue Campus in Erlangen bis 2030 zu einem lebendigen Stadtteil werden. KSP ENGEL sehen eine Mischnutzung vor, die neben den vielfältigen Arbeitswelten auch Bildung und Wohnen integriert. Der erste Teil wurde fertiggestellt und ermöglicht New Work – räumlich wie akustisch.

Im Süden von Erlangen, wenige Minuten vom Zentrum entfernt, entsteht auf dem bestehenden Siemens-Areal ein neuer Campus für das Unternehmen. Neben den Arbeitswelten von Siemens soll der Campus auch andere Nutzungen, wie Teile der Universität, ein Schulungszentrum und Wohnbauten integrieren. Der erste von insgesamt acht Bauabschnitten ist von 7000 Mitarbeiter:innen bezogen worden und zeigt bereits, dass sich hier nicht nur eine neue Arbeitswelt, sondern ein neuer Stadtteil formt.

In insgesamt acht Modulen wird eine Fläche von 54 Hektar bebaut. Das gesamte Areal des Siemens Campus’ kann fußläufig innerhalb von 15 Minuten durchquert werden.

Der Entwurf von KSP ENGEL brachte dem Architekturbüro im eingeladenen, städtebaulichen Wettbewerb 2015 den ersten Preis ein. Er zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Module, deren stufenweise Realisierung vorgesehen ist, bereits in sich funktionierende kleine Quartiere bilden. Die Idee basiert auf einem robusten System aus einer Blockstruktur, deren Baukörper sich entlang grüner Achsen zu einem Stadtteil aufreihen. Die Erdgeschosszone soll durch Gastronomie und Serviceangebote aktiviert werden. Ziel ist es, aus dem zuvor abgeriegelten Areal einen offenen und lebendigen Stadtteil zu entwickeln.

Geplant, um zu Arbeiten und zu Leben

In insgesamt acht Modulen wird eine Fläche von 54 Hektar bebaut. KSP ENGEL wurden nicht nur mit der Ausarbeitung des Masterplans beauftragt, sondern auch mit der Generalplanung für die Hochbauten der ersten zwei Bauabschnitte. Das erste fertiggestellte Modul grenzt im Osten an die Bahngleise, die es in einer zweiminütigen S-Bahnfahrt mit dem Hauptbahnhof Erlangen verbinden. Im Norden und Westen wird die Fläche durch breite Straßen und Richtung Süden von einem Gewerbegebiet begrenzt. Alle anderen Module erstrecken sich nach Osten bis zu einem Waldgebiet. Das gesamte Areal kann fußläufig innerhalb von 15 Minuten durchquert werden. Zukünftig sollen neben den bereits vorhandenen Mietfahrrädern auch Mietroller bereitstehen, welche die innerquartierliche Mobilität vereinfachen.

Die kubischen, fünfstöckigen Gebäude des ersten Bauabschnitts sind in Betonfertigteilbauweise errichtet, die Fassaden mit weißen Aluminiumblechen verkleidet, die Fensterbänder in Grau gefasst. Die Erdgeschosszonen sind weitgehend verglast und öffnen sich mit gastronomischen Nutzungen zum Boulevard. Ein Gefühl von urbanem Arbeiten soll entstehen, indem auch in den Cafés und Restaurants gearbeitet oder Meetings abgehalten werden können. Die Gebäudeeingänge sind durch leichte Auskragungen betont. Verglaste Fugen durchschneiden die Blöcke, machen die Struktur aus zwei L-förmigen Gebäudeteilen von außen lesbar und ermöglichen eine Durchsicht in den Innenhof. Einzelne Gebäude weichen vom 60 × 60 Meter-Raster ab, um dem Verlauf des Boulevards durch Vor- und Rücksprünge eine Dynamik zu verleihen.

Seine Qualität erhält der Boulevard vor allem durch erhaltene, alte Kiefern. Der gewachsene Baumbestand verzahnt sich mit den Neubauten und nimmt dem Campus damit ein Stück weit seine Anlaufschwierigkeit. Schon jetzt spenden die Bäume Schatten, beleben die Silhouette des Quartiers und tragen zu dessen ruhiger Atmosphäre bei. In Relation zur kleinen Großstadt Erlangen ist die Fläche des Siemens Campus beachtlich. Auch wenn man hier bisher hauptsächlich die sogenannten „Siemensianer“ antrifft, haben die aktivierten Grünzonen und Achsen das Potenzial, zu urbanen öffentlichen Orten der Stadt zu werden.

Laut und leise: Ein akustisches Nebeneinander

Die positive Atmosphäre des Außenraums wird aber auch ins Büro übertragen. Das „grüne Gefühl“, als wären wir im Wald, wird in das Gebäude geholt: Die Raumakustik ist, angelehnt an die Natur, ruhig und angenehm. Offene Kommunikationsbereiche sind in der „Verglasten Fuge“ platziert. Von hier aus bietet sich ein Blick in den begrünten Innenhof und zur anderen Seite auf den Boulevard. So wird die Aktivität des Campus-Arbeitens auch von außen sichtbar.

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Die Akustiksegel zonieren und rhythmisieren gleichsam die Arbeits- und die Kommunikationsbereiche, ohne die Höhe und damit den Raumeindruck zu nehmen.

Die Büros zeichnen sich durch gleichwertige Arbeitsplatzqualitäten und Flexibilität aus. Die Arbeitsbereiche sind als offene Zonen entlang der durchfensterten Fronten angeordnet. Hier ist jeder Schreibtisch identisch und flexibel nutzbar. Gemäß der Clean-Desk-Regelung hinterlässt man den Arbeitsplatz vollkommen leer, sodass er anschließend von einer anderen Person genutzt werden kann. Stilles und lautes Arbeiten innerhalb des Großraumbüros ermöglicht die eingeschobene Mittelzone mit Einzelbüros und Besprechungsräumen.

Ausgestattet mit Ecophon Solo Circle Deckensegeln ermöglichen die Rückzugsorte ein wohltuendes und variables Arbeiten.

Weiße Segel an den Decken dämpfen die Geräusche in der offenen Bürostruktur. Aufgrund der Betonkernaktivierung wurde anstelle einer geschlossenen Akustikdecke die akustische Lösung mit Deckensegeln gewählt. Diese Akustiksegel zonieren und rhythmisieren gleichsam die Arbeits- und die Kommunikationsbereiche, ohne die Höhe und damit den Raumeindruck zu nehmen.

Auch die Flurbereiche haben eine höchst wirksame Akustikdecke erhalten. Auf der einen Seite unterbindet sie, dass Trittgeräusche bzw. Gespräche sich unnötig weit ausbreiten, auf der anderen Seite verdeckt sie die Gebäudetechnik im Deckenhohlraum. Durch die Ausstattung der multifunktionalen Räume mit weiteren Schallabsorbern wird das Nebeneinander von konzentriertem und kommunikativem Arbeiten möglich. So werden die Qualitäten der belebten Boulevards und die ruhige Atmosphäre der Grünzonen in die Innenräume übertragen und in deren Ästhetik integriert.

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Fotos: HGEsch Photography für Ecophon 

Die Deckensegel im Siemens Campus spielen ihre Performance nicht nur in der Akustik aus, sondern auch in der Architektur,Thermik und Belichtung.

Ein Interview mit Thomas Busse, Geschäftsführer International und Direktor bei KSP Engel und Udo Freyer, Regionalvertriebsleiter bei Ecophon.

Herr Busse, welche Gestaltungsidee bestimmt die neuen Arbeitswelten von Siemens?

Wir haben maßgeschneiderte Gebäude geplant, die flexible Arbeitswelten bieten. Siemens ist ein vielfältiger, großer Arbeitgeber, der den Anspruch hat, allen Mitarbeiter:innen einen gleichwertigen, optimalen Arbeitsplatz zu bieten. Diese sind nicht personifiziert. Die Mitarbeiter:innen suchen sich ihren Platz jeden Morgen neu aus. Die Büros haben eine Tiefe von 16,70 Metern und bekommen von zwei Seiten Tageslicht, sodass das Arbeiten auch in der Mittelzone gut funktioniert.

Wie hören sich diese Räume an? Wo ist es laut, wo leise?

Zwischen den gut belichteten Arbeitsplätzen an der Fassade liegt eine kommunikative Mittelzone mit kleinen, unterschiedlich ausgebildeten Boxen, in die man sich für Besprechungen oder zum konzentrierten Arbeiten zurückziehen kann. Durch besonders hohe Räume mit einer lichten Höhe von drei Metern erreichen wir ein besseres Raumgefühl für das Arbeiten. Zusätzlich gibt es Meet-and-Talk Bereiche als aktive Zonen, die in einer „gläsernen Fuge“ zum Innenhof ausgerichtet sind.

Welche Elemente tragen innerhalb der Büroräume zur guten Akustik bei?

Um die Anforderungen an die Akustik im Großraum zu erfüllen, reicht der Boden nicht aus, da ist es wichtig, dass die Deckensegel die Grundbedämpfung übernehmen. Die Segel sind ein sehr gutes Produkt und haben den Vorteil, dass sie die Funktion der Betonkernaktivierung so gut wie nicht einschränken, da sie rund 30 Zentimeter von der eigentlichen Betondecke abgehängt sind. Gleichzeitig hat man aber das Gefühl, dass der Raum bis zur konstruktiven Decke geht. Wir können also auf eine vollflächig verlegte Rasterdecke verzichten und erreichen dennoch, auch bei sehr warmen Außentemperaturen, ein angenehmes Raumklima.

Herr Freyer, was haben Sie mit Ihrem Akustikkonzept erreicht?

Die offenen Bürobereiche haben eine ausgewogene Belegungsquote mit Deckensegeln von 40 Prozent und somit eine gute Grundbedämpfung. Sehr gut gelungen ist die Verbindung von Thermik und Akustik. In der Vergangenheit waren Thermikplaner durch Vorsicht demgegenüber vorbehalten. Heute wissen wir, dass das auch bei Gebäuden mit Betonkernaktivierung funktioniert – ohne Kühl- oder Heizverlust: effiziente Klimatisierung und gute Akustik.

Wie harmonieren die Ecophon-Decken mit der Architektur und dem Raum?

Unsere Akustikdecken – die Oberfläche, die Kante und damit die durchgängige Materialität und die Anmutung – passen visuell zum Charakter des Gebäudes und ihre akustische Performance zur räumlichen Nutzung. Außerdem harmonieren die Deckensegel perfekt mit dem geplanten Beleuchtungskonzept. Die mikroporös strukturierte Oberfläche der Deckensegel reflektiert das Licht von Deckenstrahlern oder Stehleuchten diffus. So bekommt man ein weiches, angenehmes Licht.