Akustiknormen: gleiche Regeln für alle

Immer mehr Länder erkennen, wie wichtig nationale und internationale Akustiknormen sind. In einigen Ländern, darunter Deutschland, Frankreich und Polen, wurden Normen neugefasst oder aktualisiert, um so zu besseren Arbeitsumgebungen beizutragen.
 

IN SCHWEDEN werden nationale Akustiknormen vom Schwedischen Normungsinstitut (SIS) festgelegt. Europäische Normen werden vom Europäische Komitee für Normung (CEN) überwacht. Auch die Internationale Organisation für Normung (ISO) spielt eine wichtige Rolle.

Klas Hagberg, Sektionsmanager bei WSP Akustik, arbeitet an schwedischen und internationalen Normen mit . Er weiß, wie wichtig Normen sind:

“Akustiknormen schaffen Klarheit für die Märkte. Sie beschreiben und quantifizieren Produkte und sind häufig allgemeinverbindlich.”

Die Vorgaben und Empfehlungen haben praktische Konsequenzen, wenn es um die Konzeption von Stellwänden und anderen Lärmschutzelementen in Büros geht.

 

Die Normzertifizierung setzt in der Regel bei den im Gebäude verwendeten Produkten und Materialien an. Hier gelten zahllose europäische und nationale Vorschriften, aber es gibt noch keine klaren, einheitlichen Normen für schallabsorbierende Möbel, Decken oder Wände. Gäbe es solche Standards, würde sich die Auswahl der Inneneinrichtung erheblich vereinfachen. 

 

WAS EINKÄUFER WISSEN MÜSSEN

“Um die Qualität und Kosten von Angeboten vergleichen zu können, müssen Einkäufer wissen, auf welche Kriterien es wirklich ankommt.”

Bei der ISO leitet Klas Hagberg einen Ausschuss zur Entwicklung neuer Akustiknormen für Stellwände und Möbel zur Kontrolle der Raumakustik.

“Möbelhersteller überall auf der Welt haben die Schallabsorption für sich entdeckt. Heute sind schallabsorbierende Verkleidungen nichts Ungewöhnliches mehr – denken Sie nur an Büroschreibtische oder an Sofas, die gezielt als Schallschluckelemente im Raum platziert werden. Wir finden solche schallabsorbierenden Eigenschaften bei immer mehr Möbeln, doch bei Nachfragen geben sich viele Hersteller schweigsam und nur wenige Kunden kennen die akustischen Eigenschaften der Möbel. Wir brauchen neue Normen, um diesen Mangel zu beheben.”

Hagberg weiß: “Durch die akustische Komponente wird nachhaltiges Bauen zusätzlich verkompliziert. Der Bewegung für nachhaltiges Bauen fehlt die akustische Perspektive, aber das können wir ändern. Eine gute Akustik sollte eine Selbstverständlichkeit sein.”

 

Nach den Materialen wird das Gebäude als Gesamtheit unter die Lupe genommen. Baunormen sind Landessache, müssen letztlich aber EU-Vorschriften entsprechen. Direkt oder indirekt entscheiden die Bauordnungen über die zu verwendenden Baustoffe.

 
INITIATIVEN IN DEUTSCHLAND

Christian Nocke ist Berater im eigenen Akustikbüro Oldenburg. Er leitet einen Ausschuss beim Deutschen Institut für Normung (DIN), der sich mit der neuen Akustiknorm DIN 18041 befasst.

“Die Akustik in öffentlichen Räumen beeinflusst die Gesundheit und Leistungsfähigkeit vieler Menschen: Angestellte, Kunden, Lehrer, Schüler … Eine schlechte Akustik kann die Produktivität um 20 Prozent senken. In Deutschland wollen wir den Architekten klarmachen, dass eine gute Akustik zu nachhaltigem Bauen einfach dazu gehört. Wie nachhaltig kann ein Gebäude sein, wenn seine Raumakustik nicht funktioniert?“, fragt er rhetorisch.

Nocke blickt optimistisch in die Zukunft: „Bei Design und Zertifizierung wird in der Baubranche zunehmend auf die Raumakustik geachtet und es gibt immer mehr nationale Normen. Die Länder in Skandinavien gehen voran, haben aber teilweise auch unterschiedliche Herangehensweisen. Ich freue mich, dass es Deutschland geschafft hat, innerhalb von zwei Jahren eine Norm zu entwickeln."

 

Die anspruchsvollste Art des nachhaltigen Bauens ist die freiwillige Zertifizierung. Sie stellt die höchsten Anforderungen, die ein Gebäude gegenwärtig aus Umweltperspektive erfüllen kann. Nachhaltige Gebäude müssen nicht unbedingt alle Kriterien erfüllen, um ein hohes Rating zu erreichen. Bei vielen aktuellen Nachhaltigkeitsplanungen rücken Behaglichkeit, Produktivität und Gesundheit stärker in den Vordergrund

 

Text: Mia Ising
Illustration: Myra Starklint