Raum und Zonierung – Wege zum guten Großraumbüro

Eine Studie hat jüngst gezeigt, dass Einzelbüros zu den unbeliebtesten Arbeitsplätzen gehören. Bürolandschaften, eine Form des Großraumbüros, werden dagegen am meisten bevorzugt. Dieses Ergebnis überraschte den britischen Psychologen und Arbeitsplatzberater Nigel Oseland, der die Studie durchgeführt hatte. „Großraumbüros sind demnach nicht per se schlecht. Es gibt nur gute und schlechte Umsetzungen.“

Nigel Oseland ist ein starker Befürworter von Bürolandschaften. Diese Form des Arbeitens basiert auf offenen Räumen, gestaltet als eine Art Landschaft mit kleineren halb-privaten Bereichen, die von Pflanzen, Ruhebereichen, Breakout-Zonen usw. unterbrochen werden. Die Studie hat seine Ansichten zur Bürolandschaft bestätigt.

Nigel_250px.jpg„Man kann es mit Energie-Effizienz vergleichen. Zwar könne man Kosten einsparen, indem man einfach Heizung, Belüftung und Licht abstellt, aber die Menschen könnten nicht mehr effizient arbeiten. Das Gebäudemanagement muss also die optimale Mischung finden, um die Arbeitsproduktivität zu fördern und die Kosten gering zu halten. Genauso verhält es sich mit dem Raum. Man kann nicht beliebig viele Menschen in Räume zwängen, nur weil ein paar Quadratmeter frei sind. Wichtig ist hier das exakt richtige Verhältnis. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Optimum mit gut geplanten Bürolandschaften am besten erreichen können.“

Zwei Schlüsselvariablen für subjektive Qualität

Das Spektrum der Arbeitsplatzgestaltung reicht vom Großraum- bis zum Einzelbüro. Nigel Oseland definiert zwei Schlüsselvariablen für die subjektive Qualität von Arbeitsplätzen: Arbeitsplatzdichte und Partition.

„In den letzten Jahren haben Medienberichte das Großraumbüro immer wieder in Verruf gebracht. Solche Arbeitsplätze seien völlig ungeeignet und würden sogar die Gesundheit gefährden. Dabei bezog man sich allerdings auf unzureichend geplante Beispiele mit vielen Plätzen und schlechter Aufteilung. Untersuchungen beweisen aber, dass Großraumbüros nicht schlechter sind, als andere Umgebungen auch. Es hängt nur davon ab, wie die Arbeitsplatzdichte und die Raumaufteilung gestaltet werden. Und das hat umgekehrt wieder direkten Einfluss auf die Kosten.“

Das Problem besteht Oseland zufolge darin, dass der Begriff des Großraumbüros mit dem Vorurteil belastet ist, dass dort möglichst viele Menschen in enge Tischreihen gezwängt werden, damit das Management Bürokosten spart.

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Die Untersuchungen beweisen, dass Großraumbüros nicht schlechter sind als andere Umgebungen auch. Es kommt nur darauf an, wie Arbeitsplatzdichte und Raumaufteilung gestaltet werden.

Der Bedarf an ausreichend Raum

„Immer wieder wird vergessen, dass ausreichender Raum unser bester Begleiter ist. Das zeigt auch die Pandemie ganz deutlich: Abstand hilft uns, die Infektionen zu minimieren. Genauso verhält es sich mit Geräuschen, Luftqualität und dem Konzentrationsvermögen; wir benötigen Freiräume. Und das bringt uns wieder zu Raum und Aufteilung.“

Die Kosten allein sind kein rationales Argument gegen ein Investment in ganzheitliches, differenziertes Arbeitsplatzdesign – und das für die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen von introvertiert bis extrovertiert. 

„Mit einer Leistungssteigerung von nur 5% können wir bereits unsere Gebäudekosten decken“ stellt Nigel Oseland fest.

Manager bevorzugen Desk Sharing

Die Hälfte der Umfrageteilnehmer waren Manager, was Nigel Oseland angesichts der unbeliebten Einzelbüros umso mehr überraschte.

„Tatsächlich lehnen Manager Einzelbüros eher ab. Sie bevorzugen agiles Arbeiten und wechselnde Arbeitsplätze. Diese sind hingegen bei Verwaltungskräften und Sachbearbeitern wenig beliebt. Sie wünschen sich ihren persönlichen Arbeitsplatz, sprechen sich aber auch für Bürolandschaften aus und wünschen sich eher im Einzelfall ein eigenes Büro.“

Die Berufsgruppe der Forscher haben demgegenüber eine höhere Präferenz für Einzelbüros.

„Sie wollen keine Großraumbüros, können sich aber bis zu einem bestimmten Grad mit Bürolandschaften und agilem Arbeiten anfreunden.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meisten Menschen eine gut gestaltete Bürolandschaft bevorzugen, unabhängig von Stellung, Alter und Persönlichkeit. In dieser Rangfolge wurden die verschiedenen Arbeitsplätze in der Umfrage bewertet:

  1. Bürolandschaft

  2. Agiles Arbeiten/Tätigkeitsbezogene Gestaltung

  3. Home-Office/Telearbeit

  4. Großraumbüro

  5. Flexible Arbeitsplätze/Desk Sharing

  6. Einzelbüros

Die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten von Großraumbüros

Die Studie zeigt, dass es für Großraumbüros keine Einheitslösungen geben kann. Die Idee der Bürolandschaft beinhaltet ein breites Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten und Designs. Verschiedene Bezeichnungen müssen dabei nicht unbedingt auch unterschiedliche Umsetzungen und Konzepte bedeuten. Die meisten Möglichkeiten, außer dem Einzelbüro, beziehen sich auf Großraumbüros.

„Bei der Bezeichnung „Großraum“ denken die meisten Menschen gleich an negative Dinge, wie endlose Tischreihen ohne besondere Ausstattungen und Trennelemente. Deshalb nutze ich den Begriff „Bürolandschaft“, um den Blick auf den organischen, vielseitig nutzbaren Raum zu lenken, anstelle des reinen offenen oder geschlossenen Bereichs.“

Spiel mit unterschiedlichen Bezeichnungen

Nigel Oseland verweist darauf, dass es in der Umfrage manche Überschneidungen zwischen den einzelnen Arbeitsplatztypen gibt. Zum Teil werden zwar verschiedene Funktionen und Aspekte, aber keine unterschiedlichen Gestaltungen beschrieben.

„Während die Bürolandschaft die Aspekte der Gestaltung beschreibt, beziehen sich agiles Arbeiten und tätigkeitsbezogene Gestaltung auf das Verhalten und wie und wo man arbeitet. Hier handelt es sich teilweise um Wortspiele. Tätigkeitsbezogene Arbeitsplätze und Bürolandschaften sind auch Großraumbüros. Aber der Begriff schreckt die Leute ab. Dabei ist es für mich das Wichtigste, den Menschen Möglichkeiten zu bieten, um bestmöglich arbeiten zu können.“

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Wir haben in den letzten Jahren den Nutzen von agilem Arbeiten und von gestalteten Bürolandschaften erlebt. Nun ist es höchste Zeit, die guten Erfahrungen in die tägliche Praxis zu übernehmen.

Wichtiger als je zuvor

Aus der Forschersicht befürchtete Nigel Oseland, dass die Corona-Pandemie die Umfrageergebnisse obsolet machen könnte. Schlussendlich haben die Ergebnisse mehr Relevanz als zuvor.

„Die Wahl und die Flexibilität des Arbeitsplatzes zwischen Home-Office oder großzügigen Bürolandschaften sind heute wichtiger, als bei der Durchführung der Studie. Ich hoffe, dass Büroplaner, angesichts der Tatsache, dass rund 40% der Beschäftigten während der Pandemie im Home-Office arbeiten, die richtigen Entscheidungen treffen werden. Das bietet die Chance für mehr Abstand und Freiraum bei den Arbeitsplätzen. Die Vorteile von Bürolandschaften und agilem Arbeiten sind seit Jahren bekannt. Jetzt ist es höchste Zeit diese Erfahrungen in die Praxis umzusetzen.“

 

Text: Lars Wirtén
Übersetzung ins Deutsche: Volker von Baczko, Consultant for room acoustics für Ecophon Deutschland

 


Die Umfrage „Personal Office Preferences“ wurde durchgeführt von Nigel Oseland, Workplace Unlimited, im Auftrag von Herman Miller und Workplace Trends im ersten Halbjahr 2019. Rund 700 Antworten von 4900 Umfrage-Empfängern wurden ausgewertet.