Kostenfalle Lärm

In der aktuellen Corona-Krise konnte das deutsche Gesundheitssystem seine hohe Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Dennoch wurden gerade während der Krise auch kritische Stimmen lauter. Bestehende Strukturprobleme seien verstärkt worden: Die Investitionsbudgets der Bundesländer sinken, die Kosten in den Krankenhäusern steigen und die folglich rigorosen Kostensenkungen haben wiederum Auswirkungen auf ÄrztInnen, Pflegekräfte und die Versorgung der PatientInnen. Neben direkten Kosteneinsparungen lohnt es sich in vielen Fällen, einen Blick auf weniger offensichtliche Kostenpunkte des Krankenhausbetriebs, wie dem Gebäude und der physischen Umgebung der Patientenversorgung, zu werfen, um den Finanzspielraum zu erweitern.

Ein Krankenhaus, das überleben will, muss profitabel sein. Für eine nachhaltige Ertragskraft sind neben optimaler Betriebsorganisations- und Funktionsplanung vor allem Modernisierungsinvestitionen eine Grundvoraussetzung. 

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Neue Studien belegen, dass gerade Veränderungen der Architektur und der Raumausstattung eines Krankenhauses langfristig deutlich Kosten senken können.

Beides wirkt in vielerlei Hinsicht auf die Menschen, seien es ÄrztInnen, Pflegekräfte, PatientInnen oder Familien, die sich in den Pflegeeinrichtungen aufhalten.

Denn schwierige Situationen, wie sie tagtäglich in Krankenhäusern vorkommen, erfordern Klarheit und Präzision in der Kommunikation. Besonders Ruhe und gute Sprachverständlichkeit werden dadurch zu planungsrelevanten Faktoren für Krankenhäuser, die allerdings meist nicht beachtet werden. Laut aktuellen Studienergebnissen ist es insbesondere die Raumakustik, die hierbei neben der allgemeinen Raumausstattung eine entscheidende Rolle spielt. Sie kann aber auch nachhaltig kostenrelevante Effekte bewirken.1

Akustikpaneele als Wandabsorber mit gefasten Kanten. Kliniken Maria Hilf Krankenhaus, Mönchengladbach.

Akustikpaneele als Wandabsorber mit gefasten Kanten. Kliniken Maria Hilf Krankenhaus, Mönchengladbach.

Der Effekt von Akustik auf Menschen

Krankenhäuser haben aufgrund strenger Hygieneanforderungen zumeist an Decken, Wänden und Böden harte und somit reflektierende Oberflächen, die Schall nicht absorbieren können. Hier zeigt sich, dass in der Bauplanung, in der Architektur sowie den eingesetzten Materialien der spätere Krankenhaus-Routinebetrieb nicht in allen Belangen berücksichtigt wird. Dabei belegen zahlreiche Studien eindringlich, welche psychischen und physischen Folgen Lärm und schlechte Akustik für PatientInnen, ÄrztInnen und Pflegekräfte haben. 

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Zum Beispiel können hohe Schallpegel die Schlafqualität Erkrankter beeinträchtigen und die Herzfrequenz des Personals, als auch der PatientInnen, nachweislich erhöhen.

Dabei zeigt sich eine eindeutige Korrelation zwischen der Lärmbelastung in Krankenhäusern und der Genesung der PatientInnen.2 Für ÄrztInnen und Pflegekräfte ergibt sich ein ähnliches Bild: Bei Lärmbelastung nimmt die Leistungsfähigkeit ab und die Fehlerhäufigkeit zu. Stress, Müdigkeit und Erschöpfung des Personals hängen damit direkt mit der Genesung der PatientInnen zusammen.3

Gute akustische Bedingungen haben im Umkehrschluss sowohl einen direkten positiven Effekt auf die Genesung der PatientInnen, als auch auf die Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit des Personals: Stress kann so um 11% reduziert werden und die Verbesserung der Sprachverständlichkeit ermöglicht eine klare Kommunikation zwischen den Parteien. Zudem nehmen die Schlaf- und Ruhequalitäten für PatientInnen zu und die Einnahme der Schmerzmittelmedikation um bis zu 67% ab.4

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In der Architektur wird diese Wirkungsweise seit einigen Jahren unter dem Konzept “Healing Architecture” berücksichtigt. Dabei werden körperliche wie seelische Einflüsse der Umgebung auf den Heilungs- und Genesungsprozess der PatientInnen und das Wohl des Krankenhauspersonals einbezogen. Mitunter spielt die Beschaffenheit der Räume und deren Wirkung auf die Akustik in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.

 

Gute Akustik bietet wirtschaftliche Vorteile

Diese Verbesserungen des Wohlbefindens der PatientInnen haben auch einen positiven Effekt auf die ökonomische Gesamtlage eines Krankenhauses, wenn die Akustik in der Modernisierungs- und Bauplanung berücksichtigt wird.5 Wenn raumakustische Bedingungen geschaffen werden, die den Genesungs- und Behandlungsprozess positiv beeinflussen, kann sich die Regenerationszeit verringern und die wiederholte Patientenaufnahme um bis zu 56% reduzieren.6

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Laut einer Meta-Analyse des Britischen Ärzteblatts erleidet jeder 20. Patient aufgrund von Behandlungsfehlern gesundheitliche Schäden. Diese Behandlungsfehler sind oft nicht auf das Eigenverschulden von ÄrztInnen oder Pflegekräfte zurückzuführen. In den meisten Fällen sind die Voraussetzungen für konzentriertes Arbeiten nicht umfänglich geschaffen. Denn die Konzentrationsfähigkeit kann stark von externen Faktoren beeinträchtigt werden, insbesondere durch ungünstiges Licht, Hitze, Lärm oder Luftqualität.7 Die daraus folgenden Fehler können wirtschaftliche Nachteile für das Krankenhaus mitsichbringen, vor allem in Form von Schadensersatzzahlungen und Schmerzensgeldansprüchen.

 

Akustische Baumaßnahmen senken langfristig Kosten

Obwohl es erwiesen ist, dass Ruhe und Lärm eine entscheidende Rolle für die Gesundheit von PatientInnen und Personal im Krankenhaus spielen, spiegelt sich dies derzeit nicht umfassend in den Budgets für Neubauprojekte und Modernisierungsarbeiten wider. Am Beispiel mehrerer Krankenhäuser zeigt ein Report des unabhängigen Bioethik-Forschungsinstitut Hastings Center, dass nur 0,17% des Baubudgets eines Krankenhauses in lärmmindernde Maßnahmen fließen.1 Dabei bieten intelligente Investitionen in akustische Baumaßnahmen Krankenhäusern langfristig die Möglichkeit, Kosten maßgeblich und nachhaltig zu senken. So zeigt der Report unmissverständlich, dass über 20% der Baukosten eingespart werden können, wenn akustische Maßnahmen in das Bauvorhaben implementiert werden. Darunter fallen u.a. Kostenpunkte im Zusammenhang mit der Fluktuation der Pflegekräfte und die Anzahl an Tagen, die PatientInnen durchschnittlich im Krankenhaus verbringen.

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Zu den akustischen Baumaßnahmen, die der anspruchsvollen Umgebungen in Krankenhäusern gerecht werden sowie für Ruhe und Lärmreduzierung sorgen, gehören hochleistungsfähige schallabsorbierende Systemlösungen wie beispielsweise Hygiene-Akustikdecken und Wandabsorber. Diese sind antibakteriell, partikelabweisend und eignen sich zur Reinigung und Desinfektion.

Höchstabsorbierendes, emissionsarmes Akustikdeckensystem mit vertiefter Unterkonstruktion. Notaufnahme UKSH in Lübeck.

Höchstabsorbierendes, emissionsarmes Akustikdeckensystem mit vertiefter Unterkonstruktion. Notaufnahme UKSH, Lübeck.

Fazit: Akustiklösungen sparen Kosten ein

Der Einsatz von Akustiklösungen kann in Krankenhäusern erheblich Kosten einsparen. Um eine Vorstellung und einen Überblick über neue akustische Möglichkeiten zu erhalten, sowie Aha-Erlebnisse zu schaffen, hilft meist ein Blick in akustisch ertüchtigte nationale und internationale Einrichtungen.

Doch bedarf es Mut, neue und zukunftsorientierte Wege mit richtigen Investitionsentscheidungen einzuschlagen. Damit ist langfristig nicht nur der Platz im ökonomischen Wettbewerb gesichert, sondern es sind auch zukunftsorientierte Weichen für den Betrieb und die Betriebsabläufe gelegt. Die Aufgabe des Krankenhausmanagements ist es, Bestehendes neu zu denken. Nur durch die Loslösung von Altbekanntem, seien es Strukturen, Lösungsansätze oder Materialien, ist der Blick in eine nachhaltige Zukunft möglich.

 

Autor: Dr. Achim Klein, Ecophon Deutschland

Foto: Hans Georg Esch

Quellen:
1 The Hastings Center Report. Volume 41, No. I, January-February 2011. Good Health Care Design
2 Doms, Th. (2005). Transparenz als beste Vorsorge, Deutsches Ärzteblatt 102:A, 3, 117-118.
3 Ising, H., Sust, Ch., Plath, P. (2004). Lärmwirkungen, Gehör, Gesundheit und Leistung, Schriftenreihe Gesundheitsschutz 4, Dortmund, Deutschland.
4 Seddigh A et al., “The effect of noise absorption variation in open-plan offices: A field study with a cross-over design”, Journal of Environmental Psychology, Volume 44, 2015, p. 34–44
5 Hagerman et al: “Influence of intensive coronary care acoustics on the quality of care and physiological state of patients”, International Journal of Cardiology, Volume 98, Issue 2, February 2005
6 Hagerman et al: “Influence of intensive coronary care acoustics on the quality of care and physiological state of patients”, International Journal of Cardiology, Volume 98, Issue 2, February 2005
7 The British Medical Journal 2019; 366: l4185