Akustik verbessert die Leistungen der Schüler:innen an einer polnischen Schule

Die 2012 erbaute Grundschule in Warschau war von Anfang an eine akustische Katastrophe. Die Tatsache, dass sie 50% mehr Schüler:innen hat als vorgesehen, machte die Sache nicht besser. Dank des hartnäckigen Kampfes des Elternbeirats mit den Behörden, ist die Schule nun ein polnisches Vorbild für eine nachhaltige akustische Einrichtung - und die Leistungen der Schüler:innen haben sich deutlich verbessert.

Im Jahr 2012 wurde die Grundschule SP340 in Warschau fertiggestellt. Die 8.200 Quadratmeter große Schule mit 1.200 Schüler:innen umfasst 29 Klassenräume, mehrere Sprach- und Gemeinschaftsräume, eine Mensa, eine Aula und eine große Turnhalle. Schon bald wurde deutlich, dass die Lärmverhältnisse unerträglich waren.

Der Elternbeirat unter der Leitung von Robert Wojciechowski wurde aktiv und drängte die Gemeindeverwaltung, eine akustische Sanierung zu finanzieren. Das war keine leichte Aufgabe. Der Elternbeirat musste sich an mehrere Instanzen wenden und hart für seine Anliegen kämpfen. Aber schließlich, nach einem Treffen mit der Kanzlerin der Stadtverwaltung von Warschau, in der die Schule liegt, änderte sich alles.

"Sie hat selbst Kinder in demselben Alter und verstand, was wir sagten. Sie wollte, dass das Problem gelöst wird, und die Tür zur Veränderung öffnete sich in einem Augenblick", erinnert sich Robert Wojciechowski.

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Der Unterschied war enorm. Die Kinder sagten plötzlich, dass sie verstehen konnten, was die Lehrer sagten. Die Lehrer haben nicht mehr schreien müssen.

Testräume zeigten enorme Verbesserungen

Ausschlaggebend für die Wende war eine einfache Analyse der akustischen Bedingungen in der Schule, zu der sich die Behörden bereit erklärten. 

"Die Ergebnisse waren erschreckend, auch wenn die Behörden versuchten, das Problem zu verschleiern, indem sie einen 24-Stunden-Durchschnitt der gemessenen Schallwerte vorlegten. Dieses Papier wurde zu einer Waffe in unserem Kampf", sagt Robert Wojciechowski.

Der Elternbeirat setzte sich mit Ecophon in Verbindung, das mit Fakten über Raumakustik und Lärmemissionen half. Ecophon und ein weiterer Hersteller richteten außerdem je ein Klassenzimmer als Testräume ein.

"Der Unterschied war enorm. Die Kinder sagten plötzlich, dass sie verstehen konnten, was die Lehrer:innen sagten. Die Lehrer:innen mussten nicht mehr schreien", sagt Robert Wojciechowski.

Schlimmer als in einer Fabrik

Nach der Auswertung der Testräume wurde beschlossen, dass die gesamte Schule akustisch saniert werden sollte. Für das Projekt wurde ein Budget von 200.000 Euro bereitgestellt, und die Ausschreibung wurde von der Beratungsfirma Archakustik von Professor Andrzej Klosak gewonnen.

"Die Akustik in der Schule war sehr schlecht. Der Schalldruckpegel in den Korridoren während der Pausen war höher als die akustischen Vorschriften für Fabriken", so Andrzej Klosak.

Andrzej Klosak und sein Team begannen mit der Messung der Nachhallzeit in jedem Raum, so wie er eingerichtet war, um die vorhandenen Absorptionswerte zu ermitteln. Dann erstellten sie für jeden Raum 3D-Modelle, die der Realität sehr gut entsprachen. Ziel war es, die neue polnische Norm für die Raumakustik in Schulen zu erfüllen, die 2018 in Kraft getreten ist - ohne mehr als 40 % der Deckenfläche mit schallabsorbierenden Materialien zu belegen.

"Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen war das Budget begrenzt. Zweitens wäre es dadurch schwierig geworden, die nationalen Hygienevorschriften Polens für öffentliche und gewerbliche Gebäude einzuhalten."

Einer der Parameter in diesen Vorschriften ist die Luftmenge, gemessen in Kubikmetern des Raums.

"Die Höhe der Räume in dieser Schule betrug etwa 3 Meter, was die Mindesthöhe in den Hygienevorschriften darstellt. Durch den Einbau einer schallabsorbierenden Decke würde sich die Deckenhöhe verringern. Wir einigten uns mit den Behörden darauf, weniger als die Hälfte der Deckenfläche für Absorber zu verwenden. Dann würden sie die hygienischen Bedingungen nicht überprüfen - etwas, das alle Beteiligten vermeiden wollten, da die Schule für wesentlich weniger Schüler:innen gebaut und geplant wurde, als es jetzt der Fall ist", sagt Andrzej Klosak.

Deutlich verbesserte Akustik

Trotz dieser Einschränkungen gelang es Andrzejs Team, die Nachhallzeit in den Klassenräumen auf unter 0,6 Sekunden zu senken. Auch die Sprachverständlichkeit wurde erheblich verbessert und entspricht nun der polnischen Norm, zu deren Autoren Andrzej Klosak gehört.

"Wir wollten eine ausgewogene Absorption, also keine „dröhnende Geräusche“. Es ist einfach, hochfrequente Töne zu absorbieren, aber man muss auch die tieffrequenten Töne aus dem Raum nehmen, um ein seltsames Gefühl zu vermeiden. Deshalb haben wir Absorber mit hoher Materialstärke verwendet, aber aus den bereits erwähnten Gründen nur in begrenztem Umfang."

In den Korridoren und Gemeinschaftsräumen war die Decke höher und es war möglich, den größten Teil der Decke mit Schallabsorbern zu bedecken. In den extrem hellhörigen Fluren wurde die frühe Nachhallzeit (EDT) von hohen 2,5 Sekunden auf 0,5 Sekunden reduziert. 

Verbesserte Leistung der Schüler:innen an einer polnischen Schule durch Schallschutz

Alle Ziele erreicht

Andrzej Klosak ist mit dem Ergebnis der Renovierung sehr zufrieden. 

"Vom akustischen Standpunkt aus haben wir alle Ziele erreicht. Die Schule ist jetzt fantastisch. Sie war die erste Schule in Polen, die auf wissenschaftliche Weise akustisch saniert wurde.

Robert Wojciechowski stimmt dem zu und weist darauf hin, dass der Schlüssel darin liegt, die Barriere der Unwissenheit und des politischen Risikos zu überwinden, das darin besteht, das Ergebnis einer öffentlichen Investition nicht zu kennen.

"Allein in Warschau sind bereits neun Schulen saniert worden, zwei weitere sind in Arbeit. Andere Schulen aus allen Teilen Polens wollen unserem Beispiel folgen, wie man es macht und wo man das Geld herbekommt. Wir haben einen Schneeball in Bewegung gesetzt."

Ein Gefühl von tiefgreifender Veränderung

Eine Umfrage, an der 378 Schüler:innen und 40 Lehrer:innen teilnahmen, bestätigte, dass die verbesserte Akustik zu einer tiefgreifenden Veränderung geführt hat.

  • Die Lehrer:innen, die sich nach den Leistungen und dem Verhalten der Schüler:innen erkundigten, stellten positive Veränderungen bei der Konzentration und dem Arbeitstempo, der Aufgabenerfüllung, der Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses, der Dauerhaftigkeit des Gedächtnisses, dem Grad der Müdigkeit und der Aggressivität und vor allem der Sprachverständlichkeit fest.
  • Fragt man sie nach ihren Arbeitsbedingungen, so können sie Vorteile in Form von geringerer Ermüdung, geringerer stimmlicher Anstrengung, weniger Heiserkeit, Kopfschmerzen und Tinnitus sowie einem niedrigeren Stressniveau feststellen.
  • Schüler:innen, die zu ihren eigenen Leistungen befragt wurden, stellten eine bessere Konzentration, Sprachverständlichkeit und ein höheres Arbeitstempo fest. Sie betonten, dass es in der Schule weniger Vorfälle von Aggression gibt.Students asked about their own performance noticed better concentration, speech intelligibility and pace of work. They pointed out less incidences of aggression at school.
  • Beide Gruppen wiesen darauf hin, dass die schulischen Leistungen der Schüler:innen nach der akustischen Sanierung des Gebäudes besser waren, aber die Lehrer:innen stellten einen stärkeren Zusammenhang fest. 76 % der Lehrer:innen gaben an, dass die schulischen Leistungen der Schüler:innen besser waren.

 

Text: Lars Wirtén